Charlotte Bühler

Psychologin
* 20. Dezember 1893 in Berlin
† 5. Februar 1974 in Stuttgart

Charlotte Bühler, geborene Malachowski, wurde 1893 in Berlin geboren. Ab 1913 studierte sie Natur- und Geisteswissenschaft in Berlin, Freiburg und München. Im Jahr 1916 heiratete sie ihren Universitätslehrer, den Sprachpsychologen Karl Bühler. 1918 wurde Charlotte Bühler in München zur Doktorin der Psychologie ernannt. Noch imgleichen Jahr reichte sie in Dresden ihre Habilitationsschrift ein. Als ihr Mann einem Ruf als Professor an das Psychologische Institut der Universität Wien folgte, ging sie mit ihm dorthin und wurde hier 1929 ebenfalls Professorin. Das Institut erlangte internationalen Ruf, was nicht zuletzt Charlotte Bühlers Arbeiten zur Kinder- und Jugendpsychologie zu verdanken ist. In Dresden hatte Charlotte Bühler in ihrem 1922 erschienenen Buch Das Seelenleben des Jugendlichen die bis dahin bestehende Lücke der Jugendpsychologie aus entwicklungspsychologischer Sicht geschlossen. Darin hatte sie Neuland beschritten, als sie anhand von Tagebüchern typische Entwicklungs- und Reifephasen von jungen Mädchen und Jungen feststellte.

 

  Gerty Theresa Cori

böhmisch-amerikanische Biochemikerin und Nobelpreisträgerin.
* 15. August 1896 in Prag
† 26. Oktober 1957 in St. Louis, Missouri

Gerty Cori, geborene Radnitz, studierte von 1914 bis 1920 Medizin an der Deutschen Universität in Prag. Während ihres Studiums freundete sie sich mit Carl Cori an, den sie 1920, nach ihrem Studienabschluss, heiratete. Wie Carl interessierte sich auch Gerty mehr für die medizinische Grundlagenforschung als für die ärztliche Praxis.1922 wanderten Carl und Gerty Cori in die USA aus und erhielten 1928 die amerikanische Staatsbürgerschaft.Von 1931 an leitete Carl die Pharmakologie-Abteilung der Universität in St. Louis und Gerty arbeitete als seine Forschungsassistentin. Sie bekam jedoch kein Gehalt dafür. 1936 kam ihr Sohn Thomas zur Welt. Bald wechselte das Paar in die Biochemie-Abteilung.1936 gelang es den Coris, Glucose-1-phosphat (genannt "Cori-Ester"), und in der Folge die Phosphorylase zu identifizieren und zu isolieren. Die Entdeckung der Coris ermöglichte die enzymatische Synthese von Glycogen in Stärke in vitro. 1940 formulierten die Coris in St. Louis einen Stoffwechselkreislauf, den "Cori-Cyclus", wobei nichtoxidierte Milchsäure aus dem Muskel ins Blut diffundiert, zur Leber transportiert und dort in Glycogen umgewandelt wird. Im Jahr 1947 erhielten Gerty und Carl Cori gemeinsam mit Bernardo Alberto Houssay den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für ihre Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel (Cori-Zyklus). Gerty Cori war damit die dritte Frau und erste US-Amerikanerin, die den Nobelpreis erhielt. Im gleichen Jahr erhält sie eine Professur für Biochemie.

 

  Helene Deutsch

Ärztin, Psychoanalytikerin
* 9. Oktober 1884 in Przemysl (Polen; österreichische Monarchie)
† 29. März 1982 in Cambridge (Massachussetts, USA)

Helene Deutsch war Sigmund Freuds (1856-1939) Assistentin und die erste Frau, die sich mit der Psychologie der Frau befasste. Obwohl Freud eine bis heute gültige psychoanalytisch-sexistische Theorie der Weiblichkeit verfasste, waren Frauen für ihn ein "dunkler Kontinent", deren berechtigte soziale, gesellschaftliche und politische Forderungen er mit der Frage abtat: "Was will das Weib?" Zwar hat Helene Deutsch Freuds Theorien über die Frau nie ernsthaft in Zweifel gezogen, doch hat sie in zahlreichen eigenen Veröffentlichungen erstmals auf die psychischen Probleme von Frauen aufmerksam gemacht. Für Freud gehörte sie zur denjenigen Gruppe von Frauen, die er "Feministinnen" nannte.
Helene Deutsch studierte Medizin und Psychiatrie in Wien und München. Nach ihrem Studium wendete sie sich der Psychoanalyse zu. 1912 heiratete Helene Deutsch den Wiener Internisten Felix Deutsch. Um ihre Ausbildung als Analytikerin in Berlin fortzusetzen, nahm sie in Kauf, Ehemann und Sohn für ein Jahr zu verlassen. Aus dieser Zeit stammt ihr Ausspruch: "Einsam ist, wer für niemanden die Nummer Eins ist." 1918 trat Helene Deutsch der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung bei, deren neugegründetes Ausbildungsinstitut sie von 1924 bis zu ihrer Vertreibung aus Österreich leitete.

 

  Hermine Edenhuizen

Erste deutsche Frauenärztin
* 16. März1872 auf Burg Pewsum bei Emden
† 26. November 1955 in Berlin

Hermine Edenhuizen war Ärztin und Operateurin sowie Fürsprecherin der Frauen. Sie war eine der ersten Frauen in Deutschland, die zu einer Zeit, als Gleichberechtigung noch unbekannt war, die Medizin zu ihrem Beruf erwählte. Hermine Edenhuizen ging im Herbst 1894 nach Berlin, besuchte die von Helene Lange abgehaltenen "Gymnasialkurse für Frauen", bestand 1898 das Abitur und studierte in Berlin, Zürich und Halle Medizin. Ihren Abschluss machte sie 1902 in Bonn. Hermine Edenhuizen bestand das Staatsexamen mit "sehr gut" und die Doktorprüfung mit "summa cum laude". Ihr Dissertationsthema war die Eiweißausscheidung im Urin Schwangerer und Gebärender – ein Hinweis auf die noch heute gefahrvolle Schwangerschaftsvergiftung durch Störung der Nierenfunktion.1903 erhielt Hermine Edenhuizen an der Universitätsfrauenklinik in Bonn als erste Frau eine bezahlte Assistentenstelle; 1909 absolvierte sie hier die Facharztausbildung zur "Spezialärztin für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe". Nach dem Vorbild Helene Langes wurde Hermine Edenhuizen auch frauenpolitisch aktiv. Einem größeren Kreis wurde sie als Gründungsvorsitzende des Deutschen Ärztinnenbundes bekannt, dem sie von 1924 bis 1928 vorstand. Sie kämpfte für das Recht der Frau auf Berufstätigkeit und gehörte zu der kleinen Zahl der radikaleren bürgerlichen Frauen, die sich vehement für die Abschaffung des §218 (demnach wurde Schwangerschaftsabbruch unter Strafe gestellt) einsetzten. In den Jahren des Nationalsozialismus widmete sie sich bis 1945 ganz ihrer Berliner Praxis, kehrte danach nach Ostfriesland zurück und starb im Jahr 1955 im Haus ihrer in Berlin lebenden Tochter.

 

  Florence Rena Sabin

US-amerikanische Ärztin und Wissenschaftlerin.
* 9. November 1871 in Central City, Colorado, USA;
† 3. Oktober 1953 in Denver

Sabin ist dafür bekannt, Frauen den Zugang in die medizinische Forschung verschafft zu haben. Nach ihrem Abschluss am Smith College im Jahr 1893 arbeitete sie zuerst als Lehrerin für Mathematik und Zoologie, um sich ihr Medizinstudium an der Johns-Hopkins-Universität finanzieren zu können. Nachdem sie 1901 ihr Doktoratsstudium erfolgreich abgeschlossen hatte, erhielt sie 1917 als erste Frau eine Professur an der medizinischen Fakultät der Johns-Hopkins-Universität und wurde später die erste weibliche Präsidentin der American Association of Anatomists. Als erste Frau wurde ihr die Leitung eines weltweit führenden wissenschaftlichen Instituts, des Rockefeller-Instituts in New York, übergeben. Sabin erforschte vor allem die zelluläre Zusammensetzung des Blutes und des Hirngewebes und erkundete neue Heilmethoden gegen Tuberkulose. Nachdem sie 1938 in ihren Heimatsstaat Colorado zrückgekehrt war, setzte sie sich verstärkt für die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitssytems ein.

 

  Maude Menten

Ärztin, Biochemikerin
* 20. März 1879 in Port Lambton/Ontario (Kanada)
† 20. Juli 1960 Leamington/Ontario (Kanada)

Maude Menten wurde 1879 in Ontario in Kanada geboren. Sie begann ihr Medizinstudium an der Universität von Toronto und machte dort 1904 die Prüfung zum Bachelor of Arts und 1907 zum Bachelor of Medicine. In ihrer anschließenden Doktorarbeit erforschte sie die Verteilung von Chlorid in Nervenzellen und Nervenfasern und untersuchte im folgenden Jahr den Effekt von Radium auf Tumoren am Rockefeller Institute of Medical Research in New York. Schließlich erhielt sie als eine der ersten Kanadierinnen 1911 den Doktor für Medizin von der Universität Toronto.
1912 machte Maude Menten eine Forschungsreise an die Universität von Berlin und arbeitete für ein Jahr mit Leonor Michaelis. Mit ihm zusammen entwickelte sie die Michaelis-Menten-Gleichung, welche die Biochemie revolutionierte. Durch die Michaelis-Menten-Gleichung war es Wissenschaftlern erstmals möglich, die Kinetik biochemischer Reaktionen mathematisch zu beschreiben. Die Ergebnisse von Menten und Michaelis sind heute noch nach wie vor gültig und gehören zum Standard bei der Beschreibung des katalytischen Verhaltens von Proteinen. Die beiden Wissenschaftler legten damit auch den Grundstein für die industriell genutzte Biotechnologie.
Maude Menten ging schließlich zurück in die USA an die Universität von Chicago, wo sie 1916 ihren Doktor in Biochemie machte. 1923 hatte sie eine gesicherte Stelle als Dozentin an der Medical School of the University of Pittsburgh und stieg letztendlich 1949 mit 79 Jahren zur Professorin auf. Während ihrer Karriere in Pittsburgh war sie tatkräftig in Forschungsprogrammen aktiv und brachte es in dieser Zeit auf mehr als 70 Veröffentlichungen. 1950 ging sie in den Ruhestand und nahm bald darauf für eine kurze Zeit eine Stelle am Medical Institut of British Columbia in Kanada an.
Im Verlauf ihrer Forschungstätigkeit beschäftigte sich Maude Menten mit dem Blutzuckerspiegel, den Eigenschaften des Hämoglobins und der Funktion der Nieren. Ihre Leidenschaft für die Wissenschaften komplementierte sie durch ihr Studium der Sprachen, der Musik und den bildenden Künsten. Sie war eine anerkannte Malerin, deren Werke auf zahlreichen Kunstausstellungen gezeigt wurden. Sie spielte Klarinette und sprach sechs Sprachen. Maude Menten erkrankte im Laufe ihres Lebens an rheumatoider Arthritis, was vielen ihrer Aktivitäten enge Grenzen setzte. Im Juli 1960 verstarb sie im Alter von 81 Jahren in ihrer Heimat Kanada in Leamington.

 

  Rachel Hirsch

Ärztin
* 15. September 1870 in Frankfurt/Main
† 06. Oktober 1953 in London

Die Jüdin Rachel Hirsch war die erste Frau, die als Ärztin in Preußen u.a. für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der Inneren Medizin den Professorentitel erhielt. Sie ist noch heute für ihre Erkenntnisse und Forschungsarbeiten auf dem Gebiet "der Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für großkorpuskuläre Elemente durch die Erythrozyten des Dünndarmepithels und ihrer Ausscheidung mit dem Harn" bekannt ("Hirsch-Effekt").
Rachel Hirsch wurde am 15. September 1870 in Frankfurt am Main, als Tochter des Direktors der "höheren Töchterschule" der israelitischen Religionsgemeinschaft, als eines von elf Kindern geboren. Ihr Großvater väterlicherseits, der Frankfurter Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888), zählt noch heute mit zu den bedeutendsten Rabbinern des 19. Jahrhunderts.
Rachel Hirsch erhielt in ihrem Elternhaus eine vergleichsweise fortschrittliche Erziehung. In Frankfurt besuchte sie die "höhere Töchterschule", wo sie 1885 ihr Abitur ablegte. Anschließend begann sie mit dem Studium der Pädagogik, welches sie im Mai 1889 in Wiesbaden mit dem Lehrerinnenexamen abschloss. Danach arbeitete sie bis zum Jahr 1898 als Lehrerin.
Das Medizinstudium begann Rachel Hirsch erst im vergleichsweise hohem Alter von 28 Jahren 1898, um dem ungeliebten Lehrerinnenberuf zu entkommen. Sie immatrikulierte sich im April 1898 in Zürich als Studentin der Medizin. Im November 1900 bestand Rachel Hirsch ihr Physikum in Straßburg und legte dort am 04. Juli 1903 ihr Staatsexamen ab. Kurz darauf promovierte sie dort zum Dr. med.
Ab dem 01. Oktober desselben Jahrs begann Rachel Hirsch eine Anstellung als Volontärassistentin an der Charité in Berlin an der II. Medizinischen Klinik unter Prof. Friedrich Kraus (1858-1936). In dieser Klinik verblieb sie bis zum Jahr 1919. Während dieser Zeit avancierte Rachel Hirsch zur Leiterin der Poliklinik und wurde 1913 zur Professorin für Innere Krankheiten ernannt, womit sie die erste medizinische Professorin in Preußen und die dritte im deutschen Kaiserreich war. Da ihr aber eine Dozentur oder gar ein Lehrstuhl versagt blieb, schied sie 1919 aus der Charité aus und gründete eine eigene Praxis, in der sie bis 1938 tätig blieb.
Aufgrund der Machtergreifung der Nazis und dem immer stärker werdenden Druck auf jüdische Ärzte wurde Rachel Hirsch 1933 die Kassenzulassung entzogen und die Behandlung "arischer" Personen untersagt. Rachel Hirsch emigrierte im Oktober 1938 nach London. Dort lebte sie bei ihrer Schwester. Weil sie sich den Anforderungen, das englische Medizin-Examen nachzuholen, nicht mehr gewachsen fühlte, arbeitete sie weit unter ihrer Qualifikation als Laborassistentin und Übersetzerin.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Rachel Hirsch in einer Nervenklinik am Rande Londons. Dort verstarb sie am 06. Oktober 1953.

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